Lernen für's Leben
9. deutsch-türkischer Schüleraustausch mit dem Tekirdağ Namık Kemal Lisesi
2. 4. bis 8. 4. 2019 und 8. 5. bis 14. 5. 2019
… und 10 Jahre Schulpartnerschaft!
Nach bisher acht jährlich in Folge stattfindenden Austauschtreffen jeweils in Tekirdaǧ und in Horb konnte zu unserem großen Bedauern im vergangenen Jahr leider kein deutsch-türkischer Schüleraustausch stattfinden. Aufgrund der schwierigen politischen Situation zwischen der Türkei und Deutschland hatten sich zu wenige Schüler unserer Schule angemeldet. Deshalb freuen wir uns umso mehr, dass sich in diesem Jahr wieder genügend deutsche Schüler an unserem Völkerverständigungsprojekt beteiligt haben.
Das Motto der Begegnungsmaßnahme lautete: 10 Jahre Schulpartnerschaft Martin-Gerbert-Gymnasium Horb – Tekirdaǧ Namık Kemal Lisesi. Wie in den vergangenen Jahren hatten mein Kollege, Herr Stephan Oechsle, und ich gemeinsam mit unseren türkischen Kollegen den Rahmen des diesjährigen Vorhabens abgesteckt.
Die Besuche in Tekirdaǧ und in Horb bereiteten wir zusammen mit den Schülern in 8 Nachmittagstreffen
vor bzw. nach. Hier behandelten wir landeskundliche, den Islam betreffende, aber vor allem auch politische Themen. Des Weiteren gaben wir den Schülern eine kurze Einführung in die türkische Sprache. Neben den diesjährigen Programmpunkten stand während beider Austauschwochen vor allem ein intensiver Gedankenaustausch mit unseren türkischen Kollegen im Vordergrund.
Abermals wurde uns in der Türkei ein sehr abwechslungsreiches Programm geboten. Neben ihrem Aufenthalt in den Gastfamilien verbrachten die Schüler ihre Zeit mit Unterrichtsbesuchen und verschiedensten gemeinsamen Aktivitäten in der und um die Schule. So ist es z. B. schon zur Tradition geworden, dass wir uns auf dem Schulhof unter Anwesenheit der gesamten Schulgemeinschaft in sportlichen Wettkämpfen messen (Tauziehen, Sackhüpfen, Eierlaufen…). Den Abschluss bildet dann immer ein gemeinsames Tanzen aller Schüler.
Die Ausflüge waren ebenfalls wieder ein wichtiger Programmpunkt. In Istanbul führte uns unser Weg ins İstanbul Akvaryum, wo in riesigen Aquarien Fische und andere Meerestiere bestaunt werden konnten. Zudem hatten wir eine Führung in einem Militärmuseum, die durch den Auftritt einer Musikkapelle ergänzt wurde, welche Militärmusik aus osmanischer Zeit zu Gehör brachte. Einen weiteren Ausflug machten wir nach Çanakkale auf der asiatischen Seite der Dardanellen. Nach einer Stadtführung besuchten wir hier ein Simultanmuseum, in dem an die Seeschlacht von Gallipoli erinnert wurde. Als Verbündete hatten an dieser Stelle Deutschland und die Türkei gegen die Entente-Mächte einen Sieg errungen, der die Teilung des osmanischen Reiches verhindert hatte. Die Grausamkeit dieser Schlacht wurde sehr anschaulich vor Augen geführt und regte die Schüler zu nachdenklichen Diskussionen an.
Die Begegnungswoche in der Türkei verlief wie immer unter dem Vorzeichen von großzügiger Gastfreundschaft und Freude über unser Kommen.
Als besondere Ehrerbietung und Anerkennung durften wir in diesem Jahr zum ersten Mal den Schulleiter unserer Partnerschule zusammen mit seiner Gattin in Horb begrüßen. Bezüglich unseres Programms mussten wir wegen des wechselhaften und regnerischen Wetters sehr flexibel sein und improvisieren, konnten jedoch zum Glück an den schon bewährten Programmpunkten festhalten.
Die türkischen Schüler nahmen zusammen mit ihren deutschen Austauschpartnern an verschiedenen Tagen am Unterricht teil und waren oft auch in der Lage, sich auf Englisch, teilweise sogar auf Deutsch, am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Ein Stadtspaziergang unter meiner Leitung führte uns zu den bedeutendsten und markantesten Gebäuden der Stadt Horb. In der das Stadtbild prägenden Stiftskirche entwickelten sich sehr interessante Unterhaltungen mit den Schülern über die Bedeutung der Heiligenfiguren, der verschiedenen Altarbilder und der Einrichtungsgegenstände. Beim Empfang der Stadt Horb durch Herrn Bürgermeister Zimmermann erfuhren die Schüler, wie wichtig es den Vertretern der Stadt Horb, den beiden Schulleitern sowie uns Organisatoren des Schüleraustausches ist, Brücken zu schlagen über Grenzen, Kulturen und Religionen hinweg, um so Vorurteile und falsche Vorstellungen zu überwinden.
Wie schon in den vergangenen Jahren führte uns einer unserer Ausflüge wieder in den Europapark. Darüber hinaus besichtigten wir das Mercedes Benz Museum in Stuttgart. Durch die Bank waren die Schüler und Lehrerkollegen fasziniert von der Entwicklung vom ersten Motor bis zu den heutigen Fahrzeugen und Limousinen. In einem kleinen Stadtrundgang führten wir die Schüler durch die Königsstraße über den Schlossplatz zum Landtag. Zum Einkaufen musste natürlich auch noch Zeit bleiben. Ziel des Lehrerausflugs am Sonntag war die Burg Hohenzollern. Viele Gastfamilien hatten dieselbe Idee, so dass es immer wieder zu Begegnungen und netten Gesprächen kam.
Gerade dadurch, dass die Schüler in Gastfamilien untergebracht waren, waren sie ins Familienleben eingebunden. Es wurde gemeinsam gekocht, gespielt und gelacht, Muttertag gefeiert: das Leben geteilt.
Am Abschlussabend sprachen die Schulleiter beider Schulen zum wiederholten Male uns beiden Organisatoren des deutsch-türkischen Schüleraustausches ihre Anerkennung für dieses in dieser Art einmalige Projekt aus und würdigten dessen interkulturellen und völkerverbindenden Beitrag. Schon in Tekirdaǧ war uns Organisatoren aus demselben Grund ein gläserner Pokal überreicht worden. Im Gegenzug dazu hatten wir ein Fotobuch über die zehnjährige Schulpartnerschaft zusammengestellt, das wir allen überreichten, die dieses Projekt auf die Beine gestellt hatten und heute immer noch mittragen und unterstützen. Am Ende waren sich alle einig: Wir wollen unsere tiefe und enge Freundschaft zumindest für weitere zehn Jahre fortsetzen: Diese Erfolgsgeschichte wird weitergehen.
Beim Abschied gab es viele Tränen sowie Versprechen und Verabredungen, sich möglichst bald wieder zu sehen. Durch unser Austauschprojekt lernten die Schüler die Wirklichkeit in den beiden Ländern jeweils vor Ort mit eigenen Augen kennen und konnten sich so unabhängig von Medienbeeinflussung ihre eigene Meinung bilden.
Wieder wurde unser Völkerverständigungsprojekt großzügig durch das Autohaus Kronenbitter unterstützt.
Die Vorplanungen für den Austausch im Schuljahr 2019/20 sind bereits angelaufen.
Horb, im Juli 2019
Claudia Beuter-Zimmermann
Eingestellt am 31. 7. 2019